Die Planung eines Produkt-Releases an denen über 100
Entwickler beteiligt sind, ist für jede Firma eine Herausforderung und mit vielen
Risiken verbunden. Wie schaffen es Firmen, den Übergang vom Produkt Management
in die Entwicklung effizient zu gestalten, alle Teilnehmer zu integrieren und
das Risiko der Fehlinvestition massiv zu reduzieren?
Mit diesem Bericht möchte ich meine Erfahrung aus dem
2-tägigen Release-Planning Workshop weitergeben. Der Beitrag zeigt auf, dass
mit einem kollaborativen, integrativen und agilen Ansatz eine Release Planung
effizient, risikominimierend und zielorientiert durchgeführt werden kann.
Ein Unternehmen in der Schweiz organisiert seine TV-Produkt-Entwicklung basierend auf agilen Prinzipien und Vorgehen. Als Grundlage dient das SAFe Framework.
Ein zentraler Bestandteil des
SAFe Frameworks ist der „Program Increment Planning Workshop“. Dieser zweitägige
Event ist Teil des agilen Produkt- und Programmmanagements und findet in
regelmässigen Abständen über den ganzen Entwicklungszeitraum statt. Ziel ist,
ein gemeinsames Verständnis der Produkt-Vision, der wichtigsten Produkt-Features
sowie der Rahmenbedingungen für die Arbeiten der nächsten Monate bei allen an
der Umsetzung beteiligten Personen (insb. Entwickler) zu schaffen.
Mit einem Glockenschlag wird der Release-Planning-Workshop
eröffnet. Alle Teilnehmer nehmen Platz. Um Emotionen zu wecken, starten wir mit
dem neusten „Produkt-Werbevideo“. Danach wird auf das Kredo der Veranstaltung
hingewiesen: „We want to maximize our value of our work!“
Die wichtigen Informationen – z.B. die wichtigsten
Meilensteine und „Must Launch Dates“ stehen auf dem Release-Planning-Board (BVIR;
Big Visible Information Radiators). Auch der Ablauf des Workshops ist dort für
alle sichtbar.
Zum Abschluss der Warm Up Session werden Erkenntnisse der
letzten Monate aufgegriffen und somit die agilen Prinzipien erneut dargestellt,
geschärft und konkreter etabliert:
- We are not going to die if we do less. Let’s maximize value!
- We still need to get better at saying No
- Dependencies on other teams always limit us
- We make features smaller
Kann ein Teilnehmer keinen Beitrag leisten – da beispielsweise
eine Abstimmung Vorrang hat, an der er nicht teilnehmen muss – zieht sich die
Person einfach zurück, um andere Arbeiten auszuüben.
Bei Zuruf oder nach einer bestimmten Zeit unterbricht er diese und kehrt zum Team zurück.
Bei Zuruf oder nach einer bestimmten Zeit unterbricht er diese und kehrt zum Team zurück.
Das Release-Planning-Board ist ca. zehn Meter lang, zeigt acht
Sprints – also mehr als der Release selbst hat – und hat pro Team eine Kolonne,
in der sie ihre Stories, die sie pro Sprint bearbeiten wollen, einfügen können.
Die ersten Stories werden schnell erarbeitet und in die vorgesehenen Kolonnen
eingefügt. Sind die ersten Features bearbeitet, wandern sie auf dem separaten
Planungs-Board (Kanban Prinzip) vom Status „Backlog“ zum Status „Done“.
Ein Team ist in diesem Release besonders gefordert und
schnell ist klar, dass es zum Engpass werden wird (Bottleneck-Team). Das ist auch
auf dem Release-Planning-Board ersichtlich. Besagtes Bottleneck-Team ist
bereits über alle Sprints hinweg durchgeplant und hat keine Kapazitäten mehr.
Die Planning-Session wird ausserordentlich gestoppt.
Das Produkt-Management ist nun an der Reihe und überlegt
Optionen, wie die Situation entschärft werden kann:
- Auf welches Feature kann verzichtet werden?
- Wie kann das Bottleneck-Team verstärkt werden?
- Soll eskaliert werden?
Die Teilnehmer werden ein wenig früher in den Feierabend
entlassen, nur das Produkt-Managementteam tagt noch einige Zeit, bis sie eine
adäquate Lösung gefunden haben. Diese teilen sie am nächsten Tag, dem zweiten
Workshop-Tag, allen Teilnehmern mit.
Das Produkt-Management hat entschieden, auf ein EPIC in diesem
Release zu verzichten. Der Scope ist somit erheblich reduziert, was die
Situation, insbesondere für das Bottleneck-Team, entschärft.
Nun ist es möglich, bis dahin blockierte Features oder solche,
die noch nicht berücksichtigt sind, anzugehen und einzuplanen.
Die Entwickler ziehen sich erneut zurück und besprechen die
Aufwände für die Realisierung der Features. Am Ende der Session steht der
„Gesamtplan“ wie immer transparent am Release-Planning-Board. Schnell sieht
man, dass durch den Verzicht auf das eine EPIC die Kapazitätsverteilung aller
Teams erheblich besser ist. Das heisst, alle Teams sind über die vorgesehenen sechs
Sprints gut ausgelastet.
Während der Release-Planning-Session sind mir zwei
interessante Punkte aufgefallen:
Erstens hat ein Team den Aufwand eines Features nicht abschätzen können. Es war nicht klar, welcher Lösungsweg möglich und welcher schlussendlich der Beste ist. Daher wurde im Team entschieden, verschiedenen Varianten auszuprobieren. Die dadurch gewonnen Erkenntnisse dienen als Entscheidungsbasis, wie das Feature umgesetzt wird.
Erstens hat ein Team den Aufwand eines Features nicht abschätzen können. Es war nicht klar, welcher Lösungsweg möglich und welcher schlussendlich der Beste ist. Daher wurde im Team entschieden, verschiedenen Varianten auszuprobieren. Die dadurch gewonnen Erkenntnisse dienen als Entscheidungsbasis, wie das Feature umgesetzt wird.
Der zweite Punkt ist, dass jedes Team eigene Ziele definiert
hat. Damit haben sie beschrieben, was ihrer Meinung nach in den nächsten
Monaten zu erreichen ist. Dies haben sie mit dem Produkt-Management besprochen
und diskutiert. Dies hatte zur Auswirkung, dass manche Stories angepasst
wurden, um die Zielerreichung noch weiter zu optimieren. Zum Abschluss wurden
im Plenum die Release-Ziele aufgezeigt und jedes Team hat kontrolliert, ob ihre
Ziele einem Release-Ziel zugeordnet werden können.
Am Ende des zweiten Workshop-Tags, werden alle Teilnehmer
nach Ihrer „Confidence“ befragt. Dabei geben sie per Handzeichen die
„Zuversicht“ bezüglich der Realisierbarkeit der Planung ab. Teilnehmer mit geringer
Zuversicht, werden gefragt, was geschehen muss, damit Ihre Zuversicht steigt.
Ihre Äusserungen werden sehr ernst genommen, protokolliert und sofort im Plenum
diskutiert.
Im Anschluss wird eine kurze Retrospektive durchgeführt: Der
Workshop-Leiter bittet die Teilnehmer per Handzeichen, die Einschätzung ihres
ROTI (Return on Time Invested) zu zeigen. Die meisten liegen bei einer Vier oder
Fünf (Fünf ist dabei die beste Note). Die Wenigen, die eine Zwei gezeigt haben,
erklären, dass Sie selbst nur einen kleinen Beitrag zu leisten hatten und somit
an den Diskussionen mehrheitlich nicht beteiligt waren. Sie bestätigen jedoch,
dass ihre Präsenz den gesamt Prozess beschleunigt hat, da sie dank dem Umfeld
an anderen Themen arbeiten konnten.
Mein Fazit ist, dass die gute Vorbereitung durch das Team
(RTE, Portfolio und Produktmanagement mit Feature Champions und Product Ownern)
den Prozess sehr beschleunigt hat: speziell wichtig war, dass die Features für
das Release klar waren und nach WSJF (Weighted Shortest
Job First) priorisiert waren.
Nach dem Abschied applaudieren alle Teilnehmer und gehen
gemeinsam in den verdienten Feierabend.
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